Frage Realschule oder Gymnasium für "Wackelkandidaten"?

7 Jahre 7 Monate her #119460 von WiederDa

Liebes Forum,

unser Sohn befindet sich in der Übertrittsphase, und wir müssen uns
überlegen, in welcher Schule er angemeldet werden soll. Momentan sieht es so aus, dass er den erforderlichen Schnitt für's Gymnasium geradeso
schaffen wird. Er selbst würde gern auf's Gymnasium gehen, ist aber eigentlich nicht der Typ, der so wahnsinnig gern auswendig lernt und umfangreiche HA anfertigt.

Im Prinzip kommt die Entscheidung für oder gegen Gymnasium für uns zu früh, aber danach fragt ja niemand ;-).

Nun höre ich von verschiedenen Seiten, wie unwohl sich viele Kinder am Gymnasium fühlen und wie viele das Gymnasium auch wieder verlassen und an die Realschule wechseln, wobei es wohl später nicht so einfach ist, einen Platz in der bevorzugten Realschule zu bekommen, weil die in München eh alle überfüllt sind. Da frage ich mich natürlich auch, wie unter solchen Umständen das Lernen abläuft.

Könntet ihr mir mit euren Erfahrungen weiterhelfen? Wie ist es euren Kindern nach dem Übertritt ans Gymnasium oder an die Realschule ergangen? Habt ihr vielleicht Denkanstöße, die uns bei unserer Entscheidung helfen könnten (gern auch als Privatnachricht)?

Einen schönen Sonntag und viele Grüße,
Wiederda

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7 Jahre 7 Monate her #119461 von matz05

hallo wiederda

horrorgeschichten übers gymnasium haben wir schon gehört
wir haben uns dennoch mit notendurchschnitt von 2,0 (im jahresz. 1,66) fürs gym entschieden und es ist gar nicht von dem horror eingetreten der uns prophezeit wurde.
das einzigste was meine tochter bemängelt ist das" schlechte" nachmittagsangebot (keine kurse, keine spiele usw) im gegensatz zur grundschule. die klassenstärke von 27 fined ich normal für münchner schulen. das werden automatisch weniger


schafft er es denn ohne probeunterricht ans gym? bei den eltern abenden zum übertritt wurde uns nämlich gesagt, ein kind ist von den noten dann reif fürs gym wenn es den übertritt ohne nachhilfe und ohne probeunterricht geschafft hat, alles andere solle man sein lassen... das sieht jeder anders, für uns war es zumindest ein anhaltspunkt
und von dem gesichtspunkt dass er nicht gerne hausaufgaben macht, die sind am gym nicht unbedingt mehr ... also meine wird dort meist fertig und lernen muss man am abend ja eh nochmal (gemeinsam, zumindest bei uns)

habt ihr mal privatschule überdacht (da sind die klassen ein wenig kleiner und mehr augenmerk auf dem einzelnen kind)

alles gute
liebe grüße

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7 Jahre 7 Monate her #119462 von Ricky

Meine Kinder sind beide am Gymnasium (5. und 7. Klasse)
Beide waren in der Grundschule glatte 2er Kandidaten und kommen jetzt am Gymnasium ganz gut mit.
Aber ich finde das Pensum schon heftig, es wird von den Kinder viel mehr Selbständigkeit erwartet als in der Grundschule und die Schule dauert einfach auch sehr lange. Es gibt viel Hausaufgaben, viel Nachmittagsunterricht etc.
Wenn ich jetzt noch ein Kind auf der Grundschule hätte, würde ich warten bis 2018 das G9 wieder eingeführt wird (oder wenn einer der Pilotschulen für G9 in der Nähe ist diese wählen). Da kommen die Kinder mittags nach Hause, können dann nach einer Mittagspause ihre Hausaufgaben erledigen und es bleibt auch noch Zeit zum spielen.
Meine Kinder kommen mehrmals die Woche erst um 16.30 nach Hause und haben dann noch alle Hausaufgaben vor sich. Das ist meines Erachtens einfach nicht kindgerecht.
So weit ich weiß sind aber die städtischen Realschulen alle ganztägig.
Ricky

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7 Jahre 7 Monate her #119463 von Marianne

Hallo WiederDa,

ich würde an deiner Stelle mein Kind nicht ins Gymnasium geben. Meine Tochter hatte 1,33 und brauchte die ganze fünfte Klasse, um annähernd auf Gymnasialniveau zu kommen. In der sechsten und siebten Klasse lief es dann ganz gut, und ich wunderte mich ehrlich gesagt auch, was die da alle für Horrorgeschichten erzählen. Nun in der achten Klasse (Mittelstufe), weiß ich genau, was die alle meinten. Der zu lernende Stoff zieht mengenmäßig unheimlich an. Es ist nicht nur die dritte Fremdsprache. Die sehr erfahrene Französichleherin meiner Tochter, die auch schon am früheren G9 unterrichtete, meinte, dass ihr jede Woche mindestens eine Stunde Französisch fehlen würde, und es tue ihr leid, dass sie den Stoff so durchpeitschen müßte. Meine Tochter mochte Mathe immer gerne, aber seit diesem Schuljahr jammert sie, wie sehr auch in Mathe die in einer Stunde vermittelte Stoffmenge zugenommen habe. Die Kinder machen ihre Hausaufgabe über what's App, weil es so Elternteile wie mich gibt, die dieses Zeug gar nicht mehr können. Alles in Allem ist alles einfach viel zu viel. Während die Unterstufe gesoftened war, bricht in der achten Klasse der Stoff des eingesparten Schuljahres wie wild auf die Kinder herein. Deshalb gab es wohl das ganz unbrauchbare Angebot der Mittelstufe plus unserer Staatsregierung. In der Klasse vor meiner Tochter, d. h. in der jetzigen neunten Klasse haben gleich neun Kinder einer Klasse das Klassenziel nicht erreicht. Zwei sind jetzt in der Klasse meiner Tochter, ein Mädchen ist mit ihrer Freundin in die Kerschensteiner Wirtschaftsschule gegangen und wo die anderen hingewechselt sind, weiß ich nicht.
Von der Klasse meiner Tochter sind alle Kinder in die sechste Klasse gekommen. Nach der sechsten wechselten zwei Mädchen auf die Realschule, nach der siebten wechselte ein weiteres Mädchen auf die Realschule und nach der achten Klasse wollen wieder zwei Mädchen dieses Gymnasium verlassen.

Ich würde meinem Kind diese Katastrophen nicht zumuten, wenn es schon in der Grundschule nicht so ganz gut ist. Kein Kind will freiwillig die Gymnasialklasse verlassen. Es ist ein wirklich gute Klassengemeinschaft, aber wenn Kinder, die in der Grundschule eigentlich ganz gut waren, dann auf gar keinen grünen Zweig mehr kommen, ist das meiner Meinung nach wirklich schlimm. Wie viele Tränen vergossen wurde, bevor die Kinder dann doch zur Kenntnis nehmen mussten, dass das Gymnasium für sie doch eine Stufe zu schwer ist.

Es kommt natürlich auch darauf an, wie hoch die Anforderungen in der Grundschule waren. Bei uns waren sie nicht so hoch, und es gab viele Gymnasialempfehlungen. An einer anspruchsvolleren Grundschule hätte meine Tochter ohne irgendetwas zu lernen bestimmt keinen Schnitt von 1,33 gehabt. Meine Tochter geht auf ein staatliches Gymnasium, also auf keine Privatschule.

Viele Grüße

Marianne

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7 Jahre 7 Monate her #119464 von matz05

hallo ricky

hat deine 5 klässlerin auch nachmittagsunterricht? unsere hat da nur kunst und 1 std intensivierung (freiwilliges wiederholen von m/d oder e bei bedarf)

meine kommt auch erst um halb 5 , meist mit fertigen hausaufgaben da es ansonsten abläuft wie in der grundschule (schule bis 1, mittagessen spielen, hausaufgaben, spielen, heimgehen)
hausaufgaben empfind ich nicht mehr (ist aber wohl lehrerabhängig) nur exen halt also lernen ist mehr

vielleicht gibts da ja auch stadtweit unterschiede
würde mich freuen wenn du antwortest

matz05

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7 Jahre 7 Monate her #119465 von Ricky

Meine 5. Klässlerin hat zwei mal in der Woche bis 15.40 Schule, einmal zwei Intensivierungsstunden und einem zwei Stunden Mathe : (((
Mein Sohn in der 7. Klasse hat vier mal Nachmittags Unterricht bis 15.40.
An diesen Tagen sind die Kinder erst um 16.15 zu Hause, machen dann bis 17 Uhr Pause und beginnen dann mit den Hausaufgaben. Das ist megahart. Ist kein Privatgymnasium sondern ein öffentliches.

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7 Jahre 7 Monate her #119466 von Ricky

Ich kann allen Eltern nur raten, sich bei den einzelnen Schulen zu erkundigen wie das mit dem Nachmittagsunterricht gehandhabt wird. Ist sehr unterschiedlich! Auch die Stundenanzahl ist unterschiedlich, weil manche Schulen alle Intensivierungsstunden verpflichten, andere nur freiwillig oder bei schlechteren Noten

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7 Jahre 7 Monate her #119467 von XXXX

Hallo,

ein bisschen hängt Deine Entscheidung auch davon ab, wieviel Du Dich einbringen willst und kannst. Die mir bekannten "Wackelkandidaten" ohne elterliche Unterstützung sind früher oder später an die Realschule gewechselt, bei denen, die "an der kurzen Leine" gehalten werden, also viel Unterstützung/Kontrolle hat es ganz gut funktioniert.

Viele Grüße,
XXXX

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7 Jahre 7 Monate her #119468 von Bigs

Hallo,
bei unserem Elternabend für den Übertritt wurde für das Gymnasium regelrecht "Anti-Werbung" betrieben.
Ich bin mit dem Gefühl nach Hause, dass ein Kind, das den Durchschnitt von 2,33 hat, eigentlich gar nichts auf dem Gymnasium verloren hat.
Die Deutschnote sollte auch nicht schlechter als 2 sein.
Ich würde mein Kind nicht dem Stress auf dem Gymnasium aussetzen. Ein Wechsel in eine niedrigere Schule ist immer schlimm. Und falls das Kind auf der Realschule so super ist, kann es ja immer noch aufs Gymnasium wechseln.

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7 Jahre 7 Monate her #119469 von Ricky

Ich denke auch, dass die Deutschnote besonders wichtig ist. Wer in Deutsch Probleme hat, hat die dann vermutlich auch in den Fremdsprachen.
Was XXXX sagt kann ich nur unterstreichen: Kinder, die Eltern haben, die "am Ball bleiben" und Nachhilfelehrer spielen, haben deutlich höhere Chancen. Meine Kinder würden das ohne meine Unterstützung vermutlich nicht schaffen.
Das sollte man bei der Überlegung für die Nachmittagsbetreuung bedenken. Einmal angemeldet ist die ist nämlich verpflichtend und es ist heftig für die Kinder, wenn sie am Abend nach der Nachmittagsbetreuung noch mit den Eltern lernen müssen.

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7 Jahre 7 Monate her #119471 von WiederDa

Hallo an alle,

vielen Dank für eure Antworten, die mir gute Denkanstöße gegeben haben.

Was wir letztlich machen werden, weiß ich noch nicht. Unser Sohn ist gut in Deutsch und prinzipiell auch in Mathe und HSU, aber er ist nicht besonders ehrgeizig und lässt es halt so laufen. Probleme mit dem Unterrichtsstoff hat er eigentlich nie, aber eine gewisse Oberflächlichkeit im Schriftlichen verdirbt oft die Note. Da wird schon einmal eine ganze Aufgabe übersehen, und dann langt es natürlich nicht für eine Zwei.

Ich kann es nicht ändern - zu so einem frühen Zeitpunkt eine sinnvolle Entscheidung für die weiterführende Schule zu treffen, ist nicht möglich. Es kann also sein, dass man die gewählte Schule irgendwann wieder wechseln muss. Aber da es allen so geht und offensichtlich so gewollt ist, ist es wahrscheinlich auch nicht so tragisch.

Euch allen einen schönen Abend!
WiederDa

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7 Jahre 7 Monate her #119475 von juhu

Hallo WiederDa!

Ich gebe Dir Recht: Das Problem ist einfach, dass viel zu früh (speziell für die Jungen!!!) eine Entscheidung getroffen wird.

Der meine hat mit dem Gymnasium extrem zu kämpfen. Ich halte ihn prinzipiell für kognitiv stark, aber woran es ihm (noch?) fehlt, ist die Disziplin, auch für ihn Langweiliges zu lernen. Der will halt nach der Schule eigentlich nur raus und Fußball spielen.

Dass viele damit zu kämpfen haben, macht es allerdings für den einzelnen nicht zwangsläufig leichter. Mein Sohn leidet sehr darunter, dass er, der ehemals mit wenig Aufwand so gut war, jetzt mit viel Mühe mäßige bis schlechte Noten schreibt. Das kratzt schon arg am Selbstwertgefühl...

Schönen Abend! Juhu

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7 Jahre 7 Monate her #119478 von Marianne

Hallo,

heute habe ich den Vater eines Buben getroffen, der mit meiner Tochter im Hort der Grundschule war. Er ging dann, wie meine Tochter, nach der vierten Klasse ins Gymnasium. Schon die fünfte Klasse musste er wegen Englisch und Mathematik wiederholen. Er kam dann in die sechste Klasse, schaffte aber dann den Sprung in die siebte nicht und ist jetzt in der siebten Klasse Hauptschule, nicht einmal im M-Zweig, weil alle so froh sind, dass er endlich einmal einen Zweierschnitt hat und das Klassenziel erreicht.

Was meint ihr, was der arme Kerl durchgemacht hat, bis er in der Hauptschule angekommen ist, wo er sich nun so wohlfühlt, dass seine Eltern ihn nicht einmal in den M-Zweig gegeben haben.

Viele Grüße

Marianne

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7 Jahre 7 Monate her - 7 Jahre 7 Monate her #119479 von matz05

habe hier nen interessanten artikel bei merkur gefunden
"hohe-uebertrittsquoten-allen-tricks-aufs-gymnasium"
ich glaube den link darf ich nicht veröffentichen
die zahlen steigen und steigen mit kindern die aufs gym gehen weil es "erwartet" wird
60 prozent der fünftklässler besuchen das gym da läuft ja was grundverkehrt
fatale bildungspolitik

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7 Jahre 7 Monate her #119480 von Marianne

Ich würde den Link schon gerne lesen. Kannst du ihn bitte posten?

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7 Jahre 7 Monate her #119481 von matz05

www.merkur.de/bayern/hohe-uebertrittsquo...asium-mm-371980.html

von 2009
aber ist ja noch immer aktuell

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7 Jahre 7 Monate her #119482 von Bigs

Danke für den Link.

Keine Frage, dass nur Kinder aufs Gymnasium gehen sollte, die von alleine gute Noten haben.
Was ich so krass finde, ist der der Unterschied des Notendurchschnitts von Gymnasium zu Realschule. 2,33 finde ich fürs Gymnasium eigentlich schon zu schlecht, wobei 2,66 recht gute Schüler sind. Ich meine, ein Kind, das knapp die Realschule deshalb nicht geschafft hat, sitzt dann mit den Schülern in einer Klasse, die es gar nicht peilen. Ein 3 er Schüler ist ja auch nicht schlecht.

Oder das Kind tut sich mit dem Lernen schwer, baut aber daheim technische Sachen.

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7 Jahre 7 Monate her #119483 von Marianne

Danke!

Das, was die Eltern ihren Kindern antun, ist sehr erschreckend!

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7 Jahre 7 Monate her #119486 von WiederDa

Hallo,

danke für den interessanten Artikel! Allerdings finde ich es etwas zu einfach, die Schuld den Eltern in die Schuhe zu schieben.

Das Schulsystem, wie es in Bayern gehandhabt wird, ist sehr ungerecht und unpassend. Wenn ein Kind nicht von Anfang an zu Hause gefördert und unterstützt wird, hat es wenig Chancen. Die Klassen sind überfüllt. Die Lehrpläne sind teilweise total überfrachtet, so dass die Lehrer den Stoff durchpeitschen müssen, ohne ihn sinnvoll vertiefen zu können. Das liegt dann bei den Eltern.
Wenn HSU, DEU und MA nicht von der gleichen Lehrkraft unterrichtet werden, klappt die Koordination oft nicht gut, d.h. dass in HSU z.B. ein Zeitstrahl oder gar Jahreszahlen abgefragt werden, obwohl in Mathematik die Tausender noch gar nicht fertig behandelt wurden.
Es wird im Klassenraum zu wenig geübt und wiederholt - damit meine ich bei uns vor allem HSU, wo man jetzt in der vierten Klasse nur noch Informationen der verschiedensten Art über die Kinder ausschüttet, die dann auswendig gepaukt und wieder herausgebracht werden müssen.
Die Lehrer sollen das Wunder vollbringen, bis zu 30 Kinder individuell zu fördern und ihre Stärken und Schwächen im Auge zu haben - allein bei diesem Satz würde ich herzhaft lachen, wenn es nicht zu traurig wäre. Wer gut funktioniert, kommt mit. Die anderen müssen halt zusehen, wie sie klarkommen bzw. fallen durchs Raster.

Es ist mehr als sinnlos, bei einem zehnjährigen Kind entscheiden zu müssen, welchen weiteren Weg es gehen soll und ev. sogar schon festzulegen, ob es mal eine eher sprachliche oder naturwissenschaftliche oder wirtschaftliche Richtung einschlägt. Unser Sohn denkt bei Wirtschaft an eine Wirtschaft mit Zitronenlimonade, und das ist durchaus entwicklungsgemäß ;-).
Und ich kann es nicht mehr hören, wenn mir erzählt wird, wie durchlässig das Schulsystem ist und wie leicht man vertikal und horizontal wechseln kann. Ein Kind ist kein Mantel, den man nach Belieben mal hierhin oder dorthin hängt. Ein Kind ist in erster Linie ein Mensch, der Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen und aufrecht erhalten möchte. Wieso nicht gleich eine Schule, in der die Kinder viele Jahre zusammenbleiben, sich gemeinsam entwickeln und erst später entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen? Das funktioniert in anderen Ländern hervorragend.

Es gibt übrigens ein sehr gutes Buch von einer ehemaligen Grundschullehrerin aus Bayern: Sabine Czerny "Was wir unseren Kindern in der Schule antun..." Ich kann es sehr empfehlen und finde, es trifft den Nagel auf den Kopf. Die meisten Eltern und Lehrer wollen das Beste für die Kinder, aber das gängige Schulsystem unterstützt sie dabei überhaupt nicht.
In diesem Buch wird auch sehr gut beschrieben, wie Lehrer dazu angehalten werden, Noten zu manipulieren, damit die Leistung der Klasse nicht zu gut wird. Das Notensystem ist relativ, d.h. nur ein gewisser Prozentsatz darf die Note 1 bekommen, also wird so lange an den Aufgabenstellungen herumgedoktert, bis sie so formuliert sind, dass man eine Großzahl der Schüler, die den Stoff im Prinzip gut beherrschen, hereinlegt.
Ich war doch oft sehr erstaunt über Proben auf umweltfreundlichem braunen Papier, auf denen sich winzige, unkenntliche Bildchen in Schwarzweiß oder gar schlechte Kopien von Fotos befanden, die unser Sohn interpretieren sollte. Im wirklichen Leben kann er Fichten von Kiefern sehr gut unterscheiden, anhand dieser Vorlagen wurde dies aber sehr erschwert.

Wenn wir mal ganz ehrlich sind - die hier in der Grundschule vermittelten Inhalte befinden sich nicht auf einem besonders hohen Niveau. Durchschnittlich begabte Kinder können den Stoff sehr wohl sehr gut meistern. Aber das das darf nicht sein. Also wird, koste es, was es wolle, eine künstliche Elite kreiert, indem die Kinder belohnt werden, die über die beste Aufmerksamkeit und den größten Willen zum Erfolg verfügen.

Eltern, die ihr Kind auf Legasthenie testen lassen, sind nicht unbedingt Ehrgeizlinge, die auf jeden Fall einen Gymnasiumsplatz ergattern wollen, sonder vielleicht einfach nur Opfer eines sehr eigenartigen Grundschullehrplans, in dem die Schriftsprache zwei Jahre lang vermittelt wird, ohne auf Rechtschreibung besonderen Wert zu legen, diese ab der dritten Klasse aber doch bewertet wird.
Und wie sinnlos ist es, Kindern am Anfang beizubringen, in Druckschrift zu schreiben, was definitiv _nicht_ leichter ist als eine vernünftige Schreibschrift?
Und mit vernünftiger Schreibschrift meine ich _nicht_ die VA in Bayern, bei der der am häufigsten vorkommende Vokal "e" in einer so bizarren Form gelehrt wird, dass ich jetzt noch mit dem Kopf über die Personen schütteln muss, die sich das ausgedacht haben.
Wenn heutzutage viele Grundschulkinder weder sicher in der Rechtschreibung sind, noch über eine funktionale, gut leserliche Handschrift verfügen, wundert mich das unter diesen Umständen überhaupt nicht.

So, nun habe ich wesentlich mehr geschrieben, als ich eigentlich vorhatte. Ich finde es einfach schade, wenn Eltern gegeneinander aufgehetzt werden und das Verhältnis zwischen Lehrern und Eltern und Schülern vergiftet ist, weil die Rahmenbedingungen nicht passen und weil von allen Seiten bereits ab Geburt eines Kindes ein absolut unsinniger und überflüssiger Leistungsdruck erzeugt wird, an welchem verschiedene Einrichtungen von Anfang an hervorragend verdienen.

Schöne Grüße von Wiederda

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7 Jahre 7 Monate her #119487 von Marianne

Hallo Wiederda,

ich habe ganz entgegengesetzte Erfahrungen wie du gemacht. Die Grundschule war zwei Jahre lang die Fortsetzung des Kindergartens in anderen Räumen. Zuerst gab es gar keine Noten und dann nur gute. Die Mädchen in der Klasse meiner Tochter gingen fast geschlossen ins Gymnasium. Wie du schreibst sind die Anforderungen nicht besonders hoch. Ein durchschnittlich begabtes Kind kann dem Lehrstoff locker folgen. Ich musste da gar nicht viel machen, weil meine Tochter zu Hause so viel wie nichts gelernt hat. Erst im Gymnasium sah es dann schlagartig anders aus. Ich hätte mir gewünscht, die Anforderungen in der Grundschule wären höher gewesen, so dass der Unterschied zum Gymnasium nicht ganz so hoch gewesen wäre. In der fünften Klasse sagte meine Tochter dann zu mir als ihre Noten nicht mehr ganz so zauberhaft waren: "Aber ich habe doch aufgepasst!" Da musste ich ihr dann erklären, dass nun Aufpassen allein nicht mehr ausreicht, um eine Eins oder Zwei zu bekommen, sondern, dass sie ab jetzt auch nach der Schule lernen müsste.

Ich habe die Grundschule als nicht annähernd so schlecht wie du empfunden und hätte mir gewünscht, die Kinder hätten mehr gelernt.

Viele Grüße

Marianne

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